…und während wir so sitzen und gemeinsam bei unserem Besuch Lieder singen, da passiert ein kleines Wunder.
Abgetaucht in eine eigene Welt, schweigend und manchmal auch jammernd, haben wir schon bei unseren vorherigen Besuchen eine besondere Klientin kennenlernen dürfen. In kleinen Schritten schlurft sie durch das Haus und ist immer wieder auf Hilfe angewiesen. Von Besuch zu Besuch kommt sie aktiver auf Jule und Oskar zu, greift still deren Hände und schaut sie mit großen Augen an. Gesprochen wird nie, manchmal wird Hand in Hand im Raum Spazieren gegangen.
Beim gemeinsamen Musizieren sitzt sie heute nun neben Jule und schaut sie mit ihren großen Augen beim Singen und Gitarre spielen an. Ganz plötzlich und überraschend beginnt die Klientin beim Refrain eines Liedes zu klatschen und singt leise, fast unhörbar, mit.
Timm und Anika hinter den Nasen haben diesen Moment beide wahrnehmen können – Timm von der anderen Seite des Tisches und Anika aus nächster Nähe. Zwischen dem Notenlesen, Singen und spontanem Transponieren beim Gitarre spielen, konnte Anika merken, wie ganz plötzlich eine besondere Verbindung zwischen der Klientin und ihr entstanden ist. Während Jule für alle musiziert ist die Spielerin Anika in ihrem Multitasking ganz wach und geht in eine Kommunikation durch Musik mit der Klientin. Sie spürt, dass der Blickkontakt ganz wichtig ist, die Klientin ihre Lippenbewegungen als Impuls nimmt, um auch ihre Lippen zum Mitsingen des Liedes zu bewegen. Es zählt nur das Jetzt und dieser Augenblick des gemeinsamen Singens und Musizierens. Nach dem Verklingen des letzten Tones, sacken die Hände der Klientin wieder schlaff nach unten und ihre Stimme verstummt.
Natürlich wissen wir, welche Kraft Musik haben kann. Dennoch sind wir sehr berührt, wie das gemeinsame Singen eines einfachen Kinderliedes, wie durch Zauberhand eine Tür der Erinnerung öffnen konnte – eine überraschende Eigenaktivität der Klientin ermöglichte. Wir sind uns sicher, früher hat die Klientin sicher laut klatschend dieses Lied stets freudig gesungen!
